Juni 2018 • mal gelesen

Rechtslexikon

Schweigepflicht

Bedeutung und Rechtsgrundlagen der Schweigepflicht

Das Offenbaren von Privatgeheimnissen, Amtsgeheimnissen oder Geschäftsgeheimnissen ist in Deutschland ebenso verboten wie die Weitergabe von personenbezogenen und sonstigen Daten. Die Schweigepflicht schützt die Privatsphäre beziehungsweise Intimsphäre von Personen und gründet im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, also dem Recht des Einzelnen über die Offenbarung und Verwendung seiner personenbezogenen Daten selbst zu bestimmen. Personen oder Institutionen, denen Geheimnisse anvertraut wurden, werden als "Geheimnisträger" bezeichnet, während die zu schützende Person "Geheimnisherr" genannt wird. Die Verschwiegenheitspflicht gegenüber privaten Informationen hat in Deutschland Verfassungsrang, da der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Deutschland ein Grundrecht ist. Es ist beispielsweise in Art. 1 Grundgesetz "die Würde des Menschen ist unantastbar" und in Art.2 Grundgesetz "das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit" verankert. Die Rechtsgrundlage der Schweigepflicht bilden die deutschen Datenschutzgesetze wie das Bundesdatenschutzgesetz, die Landesdatenschutzgesetze, das Telekommunikationsgesetz oder das Telemediengesetz.

Das unbefugte Brechen der Schweigepflicht wird in Deutschland hart bestraft! Die Verletzung von anvertrauten Privatgeheimnissen beziehungsweise Geschäftsgeheimnissen oder Betriebsgeheimnissen wird vom Gesetzgeber nach dem Strafgesetzbuch (StGB) mit den stärksten Mitteln bestraft. Das sind die Geldstrafe und die Freiheitsstrafe (§ 203 StGB)!

Die Schweigepflicht des Geheimnisträgers endet NICHT mit dem Tod des Geheimnisherrn! Sollte die Pflicht zur Verschwiegenheit in diesem Fall unbefugt gebrochen werden, werden die Verantwortlichen bestraft (§ 203 Abs.4 StGB).

Die Verschwiegenheitspflicht ergibt sich auch als "Nebenpflicht" aus zivilrechtlichen Verträgen. Das ist zum Beispiel die im Arbeitsvertrag geregelte Pflicht zur Verschwiegenheit über vertrauliche betriebliche Geheimnisse eines Arbeitnehmers. Grundlage bildet hier das Gesetz von "Treu und Glauben" gemäß § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Weitere gesetzliche Regelungen zur Schweigepflicht sind auch in den zugehörigen Gesetzen der jeweiligen Berufsstände verfasst. Beispiele: Die Pflicht zur Dienstverschwiegenheit ist für Amtsträger wie Beamte des deutschen Staates im § 67 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) und § 37 des Beamtenstatusgesetzes (BeamtStG) geregelt. Für Rechtsanwälte ist die Schweigepflicht in § 43a der Bundesrechtsanwaltsordnung festgehalten. Die Verschwiegenheitspflicht für Ärzte gegenüber ihren Patienten wird in § 9 der (Muster-) Berufsordnung angeordnet.

In der katholischen Kirche ist die Schweigepflicht beziehungsweise der Schutz der Intimsphäre im kirchlichen Gesetzbuch "Codex Iuris Canonici (CIC)" festgelegt. Zur Wahrung der Sozialgeheimnisse beziehungsweise Sozialdaten verpflichtet im Sozialrecht der § 35 im Sozialgesetzbuch I (SGB I).

Zur Verschwiegenheit gesetzlich verpflichtet

Der gesetzlichen Schweigepflicht unterliegen Angehörige zahlreicher Berufsgruppen. Dazu gehören insbesondere:

- im medizinischen Bereich:

Ärzte, Zahnärzte, Apotheker, Berufspsychologen, psychologische Psychotherapeuten sowie auch assistierender Heilberufe wie Krankenpfleger, Altenpfleger und Mitarbeiter des Rettungsdienstes

- im rechtlichen Bereich:

Rechtsanwälte, Patentanwälte, Verteidiger, Steuerberater, Notare, Wirtschaftsprüfer

- im sozialen Bereich:

Eheberater, Familienberater, Erziehungsberater, Jugendberater, Berater für Suchtfragen, Mitarbeiter oder Beauftragte von Schwangerschaftskonfliktberatungsstellen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen, Mitarbeiter der privaten Kranken-, Unfall- und Lebensversicherung sowie privatärztlicher Verrechnungsstellen

- im öffentlichen Rechts- und Verwaltungsbereich:

Amtsträger wie Beamte, Richter, Notare, Minister, Staatssekretäre, Parlamentspräsidenten, Dienstkräfte der öffentlichen Verwaltung wie Verwaltungsfachangestellte oder Wahlhelfer sowie Personen, die organisatorisch an eine Behörde oder Körperschaft des öffentlichen Rechts zugehörig sind.

- Sonstige:

Datenschutzbeauftragte, Mitarbeiter sowie Gehilfen und Auszubildende der genannten Berufsgruppen

Die Schweigepflicht gilt gegenüber jeder Person sowie auch gegenüber Medien beziehungsweise Massenmedien und soweit nicht gesetzlich anders erforderlich auch gegenüber der Polizei, Gerichte und Staatsanwaltschaft. Verschwiegenheitspflichtig ist der Geheimnisträger stets persönlich.

Aufhebung der Schweigepflicht

In gewissen Situationen oder unter bestimmten Voraussetzungen kann oder muss die Schweigepflicht aufgehoben werden. So kann der Geheimnisherr den Geheimnisträger von der Schweigepflicht entbinden, das heißt, dieser kann die Einwilligung zur Offenbarung der Informationen geben. Sind die entsprechenden Informationen oder Geheimnisse des Geheimnisherrn offenkundig, also für jedermann zugänglich wie beispielsweise im Internet, kann die Schweigepflicht durchbrochen werden.

Die Schweigepflicht kann auch aufgehoben werden, wenn eine mutmaßliche oder stillschweigende Einwilligung vorliegt. Beispiel: Eine Person wird bewusstlos aufgrund eines Verbrechens aufgefunden. Die Polizei kann informiert werden.

Die Schweigepflicht muss aufgehoben, wenn eine gesetzliche Auskunftspflicht oder Meldepflicht besteht! Ebenfalls, wenn ein rechtfertigender Notstand gemäß § 34 StGB vorliegt. Beispiel: sexueller Missbrauch von Kindern. Auch eine schwerwiegende geplante Straftat wie Mord, Raub oder Diebstahl muss angezeigt werden. In diesen Fällen besteht sogar eine Offenbarungspflicht (§ 139 StGB)!