• April 2013

    Wer glaubt, Filme, Musik und Software schnell und kostenlos über eine der vielen Filesharing-Börsen (p2p) zu erhalten, der dürfte eine große Überraschung erleben, wenn er anschließend einen Brief z.B. der Kanzlei Sasse & Partner Rechtsanwälte aus Berlin und Hamburg in seinem Briefkasten findet.

    Diese Anwälte mahnen nämlich Internetanschlussinhaber im Auftrag der Rechteinhaberin WVG Medien GmbH wegen angeblicher Urheberrechtsverletzungen ab, da sie angeblich ein urheberrechtlich geschütztes Werk unerlaubt im Internet zugänglich gemacht und damit die Auftraggeberin in ihren Rechten verletzt haben sollen.

    Gegenstand der Abmahnungen ist

    Folge 14 („Der Fang“ / „Prey“) der 3. Staffel der beliebten TV-Horrorserie The Walking Dead

    des Produzenten Glen Mazzara.

    Behauptet wird, dass das Werk über den Internetanschluss des Abgemahnten zum Download angeboten und damit öffentlich zugänglich gemacht worden sein soll. Viele Filesharing-Nutzer wissen dabei nicht, dass beim Herunterladen eines Werkes gem. der Funktionsweise von Internet-Tauschbörsen Inhalte, die sich bereits auf dem eigenen Rechner befinden, zeitgleich wiederum anderen p2p-Nutzern zur Verfügung gestellt werden. Der Tatbestand der Rechtsverletzung ist also auch schon durch das vermeintlich alleinige Downloaden erfüllt.

    Durch die angebliche Tathandlung seien der WVG Medien GmbH somit diverse Ansprüche entstanden:

    - Anspruch auf Unterlassung

    - Anspruch auf Schadensersatz

    - und unabhängig von der tatsächlichen Tatbegehung auch erhebliche Ersatzansprüche im Hinblick auf die entstandenen Rechtsverfolgungskosten und der hierzu erforderlichen Aufwendungen, zu deren Erstattung der Abgemahnte gemäß § 97a UrhG jedenfalls verpflichtet sei.

    Von den betroffenen Anschlussinhabern wird also unter knapper Fristsetzung die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie Ersatz entstandenen Schadens und die Zahlung von Rechtsanwaltskosten verlangt. Dabei wird dem Abgemahnten aber auch ein Vergleichsangebot unterbreitet, bei dem mit dessen Annahme die Auftraggeberin sämtliche bzgl. des ausgewiesenen Verstoßes entstandenen Ansprüche als abgegolten ansehe. Die Höhe dieses Vergleichsbetrages beträgt 800,00 EUR.

    Wie sollte man sich als Betroffener nun in so einem Fall verhalten?

    Die Fristen:

    Bleiben Sie ruhig und reagieren Sie besonnen. Lassen Sie sich nicht durch die kurzen Fristen irritieren, die oftmals nur gesetzt werden, um Sie zu vorschnellem Handeln zu zwingen. In den seltensten Fällen werden bei Ablauf der Frist gerichtliche Maßnahmen eingeleitet. Nehmen Sie diese trotzdem ernst und reagieren Sie zeitnah.

    Ihre Reaktion:

    Eine Reaktion auf die Abmahnung sollte auf jeden Fall erfolgen. Sie riskieren sonst die Einleitung von Gerichtsverfahren (einstweilige Verfügung oder Unterlassungsklage). Dies führt wegen der hohen Streitwerte zu exorbitanten Kosten.

    Auch wenn Sie es nicht waren, der den Rechtsverstoß begangen hat: Prüfen Sie, ob jemand aus dem Haushalt oder Freundeskreis für die Rechtsverletzung in Betracht kommt.

    Die Unterlassungserklärung:

    Weiterhin sollte auch dann, wenn Sie nicht Täter waren, eine Unterlassungserklärung (nicht die beigefügte) abgegeben werden.

    Dies sollte bereits deshalb erfolgen, weil dadurch der Streitwert sinkt. Sollten Sie sich verteidigen wollen, auch u.U. vor Gericht, wird es wesentlich günstiger.

    Die geforderte Unterlassungserklärung sollte in der vorgegebenen Form nicht abgegeben werden. Da die Annahme der vorgefertigten Unterlassungserklärung dazu führt, dass Rechtsverletzungen bis zu lebenslang zu Vertragsstrafen führen können, sollte die Erklärung auf jeden Fall abgeändert (modifiziert) werden.

    Die Zahlungsansprüche der Gegenseite:

    Zahlungen sollten ohne sorgfältige Prüfung der Sachlage nicht erfolgen. Dies liegt u.U. daran, dass die Protokolle gerade im Falle von Containern (German Top 100) nicht nachweisen lassen, dass eine einzelne Datei aus dem Container auf dem Rechner vorhanden war.

    Zudem setzen sich Zahlungsansprüche aus zwei Teilen zusammen, wobei lediglich Waldorf Frommer dies auch deutlich ausweist: Schadenersatz und Anwaltsgebühren.

    a) Schadenersatz

    Ob der Anschlussinhaber auf Schadenersatz oder für die Kosten der Abmahnung haftet, hängt vom Einzelfall ab.

    Grundsätzlich bestehe eine Vermutung dafür, dass der Anschlussinhaber für die Verletzungshandlung verantwortlich ist.

    Folge ist, dass der Anschlussinhaber nunmehr vortragen müsse, dass eine andere Person die Rechtsverletzung begangen hat. Gelingt ihm dies, kommt, so der BGH, eine täterschaftliche Haftung nicht in Betracht. Nach einer Entscheidung des OLG Köln ist es ausreichend vorzutragen, dass ein Dritter in Betracht kommt.

    In diesem Fall schulden Sie KEINEN Schadenersatz!

    b) Anwaltskosten (Störerhaftung)

    Auch als Anschlussinhaber besteht keine generelle und „automatische“ Haftung.

    Der BGH setzt eine Verletzung von Prüfungspflichten voraus, die erst zu einer Haftung führt.

    Nach der Rechtsprechung haben Privatpersonen die Pflicht, auf zumutbare Weise zu prüfen, ob der Anschluss durch angemessene Sicherungsmaßnahmen hinreichend dagegen geschützt ist, von außenstehenden Dritten für die Begehung von Rechtsverletzungen missbraucht zu werden. Was zumutbar ist, bestimmt sich zunächst nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten, wobei der Anschlussinhaber nur verpflichtet ist, die im Zeitpunkt des Kaufs des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen einzusetzen.

    Der BGH entschied aktuell, dass Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kind genügen, wenn sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Einer ständigen Überwachung bedarf es nicht. Zu weiteren Maßnahmen sind Eltern erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses erlangen. Dies gilt auch für erwachsene Nutzer des Internets. Auch hier gibt es nicht die Pflicht zum generellen Misstrauen.

    Das OLG Köln hatte entschieden, dass eine generelle Haftung des Anschlussinhabers für Rechtsverstöße, die der Lebenspartner begangen hat, nicht besteht. Eine Ansicht, die aktuell auch durch das Amtsgericht Frankfurt am Main geteilt wurde.

    FAZIT:

    Ob eine Haftung letztlich besteht, ist von Fall zu Fall festzustellen. Hier sollte eine sachkundige Beratung erfolgen.

    Sollten Sie Empfänger einer Abmahnung geworden sein, stehen wir Ihnen gerne für die Entwicklung einer einzelfallbezogenen Strategie und für Ihre Vertretung bundesweit zur Verfügung.

    Hüten Sie sich davor, die Sache selber in die Hand zu nehmen und Ihren Standpunkt der abmahnenden Kanzlei zu erklären. Sie riskieren, der Gegenseite Informationen an die Hand zu geben, die gegen Sie verwendet werden können.

    Sie finden uns unter www.ra-juedemann.de.

    Ihr Rechtsanwalt Kai Jüdemann
    Welserstraße 10-12
    10777 Berlin