• Juni 2017

    Der digitale Nachlass – Was bedeutet das?

    Heutzutage hinterlässt der Mensch regelmäßig neben den klassischen Vermögenswerten ein digitales Vermögen. Diese Nachlassgegenstände bezeichnet man auch „digitalen Nachlass“.

    Hierunter versteht man die Gesamtheit des digitalen Vermögens eines Erblassers, also die Gesamtheit der Rechtsverhältnisse des Erblassers betreffend informationstechnischer Systeme einschl. der gesamten elektronischen Datenbestände des Erblassers.

    Was ist denn genau unter diesem Sammelbegriff zu verstehen?

    Es handelt sich um einen Sammelbegriff für

    - Hardware (PC, Server, Festplatten, Laptop, Handy, Smartphone, Telefonanlagen, Drucker, etc.),

    - Software (Windows, Office, Rechtsanwaltsprogramme, Virenprogramme, Apps, Widgets, etc.)

    - gespeicherte Daten (private wie geschäftliche; auf heimischen Datenträgern wie PC, Server, Festplatte, CD, Smartphone oder Ähnlichem, im www auf Clouds),

    - Zugänge zum world wide web (1 & 1, Telekom etc.) und zu Suchmaschinen (Google, Bing, Yahoo, etc.),

    - virtuelle Konten (PayPal, und anderen Internetdepot, Bitcoins, etc.)

    - Vertragsbeziehungen zu Internetanbietern (eBay, Amazon, Zalando, etc.),

    - E-Mail-Accounts (neben entgeltlichen Diensten gibt es auch freemail-Accounts wie freemail.de, web.de, googlemail.com, hotmail.de, etc., zum Teil sind diese notwendig, um Zugang zu bestimmten Internetdiensten zu haben; Verlage verlangen inzwischen „private Internetadressen“, um ihren Autoren Zugang zu ihren Onlinedatenbanken zu verschaffen),

    - Twitter- und WhatsApp-Accounts, Blogs

    - Mitgliedschaften bei sozialen Netzwerken (Facebook, Instagram, Tumblr, Xing, LinkedIn, etc.)

    - Benutzer- und Firmenprofile im Netz,

    - und alle sonstigen gegenwärtig oder künftig sich noch ergebenden digitalen Gebilde.

    Im rechtlichen Sinne handelt es sich nicht um einen einheitlichen Vermögensgegenstand „digitaler Nachlass“, der als solcher einer Rechtsnachfolge von Todes wegen unterworfen ist, sondern um eine Vielzahl von Rechtspositionen:

    - Vertragsbeziehungen z. B. zu Host-, Access- oder E-Mail-Account-Providern, Anbietern sozialer Netzwerke oder anderer Angebote im Internet,

    - das Eigentum an Hardware,

    - Rechte an Websites und Domains,

    - Urheberrechte,

    - die Nutzungsrechte an Software,

    - Rechte an Online-Adressbüchern, hinterlegten Bildern, Clouds, Forenbeiträgen, Blogs, YouTube-Videos und E-Mails,

    - vertragliche Rechte und Pflichten aus über den Online(versand)handel begründeten Vertragsbeziehungen sowie

    - Zugriffsrechte auf ausschließlich online verwahrte Dokumente (z. B. Telefonrechnungen, die dem Kunden nur noch auf einer abrufbaren Internetseite zur Verfügung gestellt werden).

    Grundlage für die Erforschung des digitalen Nachlasses wird der PC bzw. Laptop, das Smartphone sowie sonstige Speichermedien wie Clouds des Erblassers. Sämtliche digitale Inhalte müssen gesichtet und ggf. gesichert werden, um Nachlassverbindlichkeiten, Wertgegenstände sowie sonstige Aktiva und Passiva zu erkunden und Vertragsbeziehungen abzuwickeln.

    Hierbei werden beispielsweise Onlineabonnements wie bei Partnerbörsen (Elitepartner, Parship, etc.) und bei Musik-, Video- und Hörbuchbörsen mit Abocharakter zu kündigen sein. Spiele wie World of Warcraft und Fotobörsen im Internet können im Internet relevante Vermögenswerte darstellen. PayPal oder ähnliche Konten können Guthaben oder Schulden beinhalten. Auch können Abmahnkosten für illegal heruntergeladene Musik oder Filme bestehen. Onlinetagebücher-, Blogs- und Facebookeinträge überleben den Nutzer ähnliche wie auch bisher ein Fotoalbum ihn überlebt hat, nur dass die Daten mehr und zum Teil öffentlich zugänglich gemacht worden sind.

    Problematisch ist, dass die Erben zwar zur ordnungsgemäßen Nachlassabwicklung verpflichtet sind, jedoch beim digitalen Nachlass häufig nicht an die Daten herankommen.

    Verstirbt ein Mensch, stellt sich die Frage, was mit den Accounts bei Facebook, Twitter, eBay, Amazon oder GMX, einem persönlichen Blog, der Cloud oder eigenen Webseite des Verstorbenen passiert. Denn es ist inzwischen allseits bekannt, dass diese Accounts nach dem Tod nicht von alleine verschwinden. Hierfür braucht es Regelungen und Vorkehrungen. Da die Problematik noch sehr jung ist, ist der digitale Nachlass in den meisten Fällen nicht geregelt. Zudem kommt hinzu, dass bei den sozialen Netzwerken der jüngere Anteil der Bevölkerung vertreten ist, der aber auch auf der anderen Seite erst recht keine Nachlassvorsorge getroffen hat.

    Wie problematisch das sein kann, zeigt der erst kürzlich entschiedene Fall vor dem Berliner Landgericht:

    Anfang des Jahres klagte die Mutter eines mit 15 Jahren tödlichen verunglückten Mädchen vor dem Landgericht in Berlin auf den Zugriff auf das Facebookkonto ihrer Tochter. Sie wollte über das Konto, nach Anhaltspunkten der ungeklärten Umstände des Todes der Tochter recherchieren. Sie erhoffte sich, Hinweise auf einen möglichen Suizid zu erhalten. Facebook hatte ihr diesen Zugriff mit Verweis auf das Persönlichkeitsrecht verweigert. Nach längerem, für die Mutter qualvollen und langjährigen Rechtsstreits, entschied das Landgericht, dass Eltern sehr wohl das Facebookkonto ihres Kindes erben können und gaben somit der Mutter recht. Die Richter entschieden, dass der Vertrag Teil des Erbes sei. Sie wollten hierbei den digitalen Nachlass genauso behandelt sehen, wie etwa Tagebücher oder Briefe. Eine unterschiedliche Behandlung von analogen und digitalen Vermögen sei nicht gerechtfertigt.

    Hintergrund solcher Probleme ist, dass die Firmensitze z. B. von Facebook meistens sich im Ausland befinden.

    Aber auch nach deutschem Recht kollidiert das Persönlichkeitsrecht beim Nachlass persönlicher Nachrichten mit dem Erbrecht, denn höchstpersönliche Daten oder Liebes-E-mails sind nicht vererblich, weil hier das Persönlichkeitsrecht greift und dies auch über den Tod hinaus. Hierbei dürfte es schon schwierig sein zu differenzieren, welche Mail geschäftlich und welche persönlich ist. Ferner kann es rechtlich erheblich sein, wer darüber entscheiden darf.

    Weiterhin ist ungeklärt, wie das Datenschutzrecht und das Fernmeldegeheimnis wirkt. Zum Teil wird bezüglich des Fernmeldegeheimnisses die Auffassung vertreten, dass E-Mails und Daten, die von Verstorbenen selbst noch nicht abgerufen worden waren, nicht für die Erben freigegeben werden dürfen. Es hat jedoch auch schon Fälle gegeben, wonach Provider den Erben gegen Vorlage eines Erbscheins oder Testaments die Zugangsdaten mitgeteilt haben.

    Fazit:

    Die Probleme zeigen auf, dass man den digitalen Nachlass frühzeitig klären sollte. Dies betrifft auch gerade junge Menschen, die sich mit dem Thema noch nie auseinandergesetzt haben.

    Über die Möglichkeiten hierzu beraten wir Sie gerne.