• Februar 2010

    Durch die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich für Handwerker die Auftragslage erheblich verschlechtert. Die Risiken für Handwerksbetriebe haben sich jedoch gravierend erhöht.

    Nachfolgend werden einige praktische Tipps zur Bewältigung der Krise gegeben.

    1. Auftragsakquise und Vertragsanbahnung

    Schon die Auftragsakquise und Vertragsanbahnung ist von entscheidender Bedeutung. Wenn der Handwerker in einer anderen Stadt für einen neuen unbekannten Auftraggeber tätig wird, muss er genau kalkulieren ob sich dieser Auftrag rechnet. Er muss auch Auskünfte einholen, ob der künftige Vertragspartner ein leistungsfähiger und korrekter Vertragpartner ist. In der Praxis zeigt sich, dass oft Aufträge angenommen werden von Gesellschaften, welche keine transparenten Verhältnisse haben oder schon zahlreiche andere Handwerker geschädigt haben.

    Tipp 1: Handelsregisterauszug, Bonitäts- und Bankauskunft einholen. Nach Referenzobjekten und ehemaligen Vertragspartnern fragen. Fragen stellen: Ist die Finanzierung gesichert? Durch wen? Ab einer bestimmten Auftragshöhe nachhaken und Stichkontrollen machen. Zwei Stunden Recherche können hohe Ausfälle ersparen. Hände weg bei riskanten Aufträgen.

    2. Vertragsgestaltung und -absicherung

    Viele Handwerker schließen Verträge ab, die für sie ungünstige Klauseln enthalten oder wichtige Punkte gar nicht regeln. Nicht klar geregelt sind immer wieder: Wer genau ist Auftraggeber? Was genau sind die geforderten Leistungen und deren Leistungsbeschreibung? Was sind Zusatzleistungen und wie werden diese vergütet? Wann erfolgen Abschlagszahlungen? Es fehlen wirksam vereinbarte Absicherungen wie Eigentumsvorbehalt, erweiterter Eigentumsvorbehalt, verlängerter Eigentumsvorbehalt etc.

    Tipp 2: Handwerker müssen bei wichtigen Rechtsgeschäften mindestens eine Stunde Zeit beim Rechtsberater opfern und das Rechtsgeschäft/ Vertrag auf Risiken und Lücken durchsehen lassen. Man investiert doch auch beim Auto in Sicherheit. Wer sich anschnallt im Auto, hofft darauf, dass nichts passiert. Durch den Gurt werden die Chancen zum Überleben aber entscheidend erhöht. So ist es auch beim guten Anwalt. Das kostet - hilft aber. Der Handwerker kann eine Pauschale oder einen angemessenen Stundensatz vereinbaren. Die Kosten sind im Verhältnis zum Nutzen gering.

    3. Auftragsdurchführung und Rechnungslegung

    Bei der Auftragsdurchführung werden leider immer wieder grundlegende Fehler gemacht. Die Dokumentation ist nicht ausreichend: Wann wurde was von wem gemacht. Nachträge werden nicht vorher schriftlich fixiert und während der Ausführung auch nicht gegengezeichnet. Aufmaße, Teilabnahmen und Endabnahmen sind mangelhaft. Die spätere Durchsetzung solcher Ansprüche ist mit hohen Kosten und Ausfallrisiko verbunden.

    Tipp 3: Je mehr Sorgfalt und Zeit in die ordnungsgemäße Auftragdurchführung, Dokumentation und Rechnungslegung investiert wird, umso weniger Zeit und Kosten müssen später bei der streitigen Durchsetzung der Forderung aufgewendet werden. Zeitnahe Abschlagsrechnungen schützen den Handwerker vor Ausfällen.

    4. Durchsetzung der Forderungen

    Bei Zahlungsverzug des Schuldners im Hinblick auf gelegte Abschlagsrechnungen muss sofort reagiert werden und die Leistungen eingestellt werden. Es muss dann ein Zurückbehaltungsrecht und die Behinderung mangels Zahlung angezeigt werden. Hilfreich ist, den Kunden aufzusuchen und den Grund für die Zahlungsverzögerung zu erfragen. Dabei kann man schon mal prüfen ob, die gelieferten oder eingebauten Gegenstände noch vorhanden sind und auf seine Sonderrechte hinweisen. Bei offenen Schlussrechnungen ist schnelles Mahnen erforderlich und die schnelle gerichtliche Absicherung und Durchsetzung der Ansprüche. Wenn die Auftragsgestaltung- und durchführung mangelhaft ist, enden die Rechtsstreitigkeiten oft mit hohen Ausfällen.

    Tipp 4: Fünf Stunden mehr in die Vertraganbahnung, -gestaltung, ordnungsgemäße Ausführung und Dokumentation investiert, spart zehn Stunden Zeit bei dem Versuch der Durchsetzung und die Chancen der erfolgreichen Realisierung steigen überproportional.

    5. Mein Auftraggeber ist insolvent

    Wenn der Auftraggeber Insolvenz anmeldet, geben viele Handwerker zu schnell auf und kümmern sich dann nur noch halbherzig um die Forderungsrealisierung. Sie wollen nicht noch mehr Zeit und Geld in die verloren geglaubte Forderung investieren.

    Tipp 5: Ich empfehle gerade im Insolvenzantragverfahren des Auftraggebers schnellstmöglich die Forderungen und die Sonderrechte ( Eigentumsvorbehalt, verlängerter Eigentumsvorbehalt etc) geltend zu machen, Warenbestände beim Kunden zu erfassen und dies zu dokumentieren. Ein schneller Kontakt zum vorläufigen Insolvenzverwalter schafft Aufklärung. Parallel dazu muss die Prüfung erfolgen, inwieweit der Auftraggeber zum Zeitpunkt der Auftragserteilung noch zahlungsfähig war, weil er dann auch aus unerlaubter Handlung persönlich haften würde für Ausfälle. Die Rechte als Gläubiger im Insolvenzverfahren müssen konsequent genutzt werden - also hin zur Gläubigerversammlung und sich vom Verwalter berichten lassen (auch schriftlichen Bericht geben lassen !).

    6. Absicherung von Vermögen und Familie

    Bei hohen Forderungsausfällen oder Schäden durch handwerkliche Fehler droht Handwerkern selbst die Insolvenz. Einzelunternehmer haften mit ihrem gesamten Vermögen. Das Einfamilienhaus ist genauso betroffen wie die Kapitallebensversicherung. Leider haften zahlreiche Ehefrauen von Handwerkern auch für Geschäftskredite persönlich oder mit Grundschulden auf ihren Haus.

    Tipp 6: Sichern Sie Ihre private Altersvorsorge. Prüfen Sie, ob nicht die Rechtsform der GmbH oder Unternehmergesellschaft mit beschränkter Haftung eine bessere Absicherungsmöglichkeit eröffnet. Die Ehepartner sollten - wenn möglich - keine Bürgschaften oder Kreditverpflichtungen für das Geschäft übernehmen.

    7. Vermeidung Strafbarkeit und Haftung

    a) Insolvenzverschleppung und Eingehungsbetrug

    Wählt der Handwerker zur Absicherung seines Privatvermögens für sein Geschäft die Rechtsform der GmbH, muss er aber die Pflichten des Geschäftsführers einer GmbH kennen und beachten. Der GmbH-Geschäftsführer macht sich beispielsweise strafbar, wenn er bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit nicht innerhalb der Drei-Wochenfrist den Insolvenzantrag stellt. Ferner würde der Geschäftsführer für Zahlungen nach Insolvenzreife persönlich haften. Beim Handwerker als Einzelunternehmer gibt es diese Insolvenzanmeldepflicht bei eingetretener Zahlungsunfähigkeit nicht. Der Handwerker darf also länger kämpfen, muss jedoch beachten, dass er keine Aufträge oder Bestellungen auslöst, die er später (bei Fälligkeit) nicht mehr bezahlen kann. Wenn er dies doch tut, stellt dies einen Eingehungsbetrug dar. Wenn mehrere Fälle angezeigt werden, kann dies zu hohen Strafen führen.

    b) Vorenthalten der Sozialversicherungsbeiträge (SV-Beiträge)

    Gerade die Arbeitnehmeranteile der Sozialversicherungsbeiträge müssen pünktlich bezahlt werden, um strafbares Handeln zu vermeiden. Wenn diese Beiträge nicht pünktlich bezahlt werden, liegt eine Veruntreuung vor. Üblicherweise gibt es in Sachsen Strafen, die so berechnet werden: pro Mitarbeiter pro Monat 5 Tagessätze. Schon bei 5 Mitarbeitern kann also eine hohe Geldstrafe herauskommen.

    c) Buchführungspflicht

    Einige Handwerker beachten nicht, dass sie auf Grund ihres eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs auch buchführungspflichtig sind. Ein selbst gestricktes Buchführungsprogramm reicht dann nicht mehr aus. Es muss ein ordentliches Buchführungsprogramm vorhanden sein. Ferner kann der Handwerker dann nicht eine Einnahme-Überschussrechung machen, sondern muss Bilanzieren. Die Bilanz muss innerhalb der Frist, welche das Handelsgesetzbuch regelt, aufgestellt werden. In der Praxis zeigen sich teils gravierende Defizite, welche zu steuerlichen und strafrechtlichen Sanktionen führen können. Besonders problematisch ist, dass im Falle einer Insolvenz eine nachfolgende Verurteilung wegen Verletzung der Buchführungspflicht dazu führt, dass der Handwerker kein Geschäftsführer mehr sein darf. Ferner kann eine Verurteilung zu einer Restschuldbefreiungsversagung führen.

    Tipp 7: Informieren Sie sich in Fortbildungsveranstaltungen, z.B. der Handwerkskammer, über Haftungsrisiken und deren Vermeidung. Lassen Sie sich coachen und fragen qualifizierte Menschen um Rat.

    Für Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

    Hermann Kulzer

    Rechtanwalt und Fachanwalt für Insolvenzrecht