• März 2012

    Zumeist setzen sich Ehegatten im Rahmen eines Erbvertrages oder eines gemeinschaftlichen Testaments gegenseitig als Alleinerben ein. Wird die Ehe jedoch geschieden, verlieren die letztwilligen Verfügungen ihre Wirksamkeit. Doch wie sieht die Rechtslage aus, wenn sich das Ehepaar zwar schon getrennt hat, aber noch nicht geschieden wurde?

    Getrennt lebende Ehefrau will Erbe

    Ein Ehepaar lebte bereits seit einem Jahr getrennt, als die Frau nach mehr als 20 Jahren Ehe die Scheidung bei Gericht einreichte. Der Mann stimmte dem Scheidungsantrag ausdrücklich zu, verstarb aber noch vor Scheidung der Ehe. Die Witwe verlangte nun die Erteilung eines Erbscheins, der sie als Alleinerbin auswies und legte einen Erbvertrag vor, nachdem sich die Eheleute gegenseitig als Vollerben eingesetzt hatten. Das Nachlassgericht versagte jedoch den Erbschein.

    Alleinerbeinsetzung der Frau ist unwirksam

    Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart verneinte eine wirksame Alleinerbeinsetzung der Frau nach den §§ 2279 II, 2077 I 2 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch). Auch wenn die Ehe noch nicht geschieden worden sei, so lagen zumindest die Voraussetzungen einer Scheidung bereits vor. Denn die Eheleute hatten bereits seit über einem Jahr getrennt gelebt und ihren Trennungswillen deutlich zum Ausdruck gebracht. Der Ehemann hatte dem Scheidungsantrag seiner Frau zugestimmt und so gezeigt, dass er an der Ehe auf keinen Fall festhalten möchte. Weil sämtliche Voraussetzungen einer Scheidung vorlagen, die der Auflösung einer Ehe gleichstehen, trete dieselbe Rechtsfolge wie bei einer Scheidung ein. Daher sei der Erbvertrag unwirksam geworden, sodass die Frau den Ehemann nicht mehr beerben könne.

    (OLG Stuttgart, Beschluss v. 04.10.2011, Az.: 8 W 321/11)

    Sandra Voigt/VOI
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