• Dezember 2012

    Um der Gefahr zu entgehen, das Guthaben des Erblassers an einen Scheinerben zu zahlen, verlangen viele Banken zum Nachweis der Erbenstellung einen Erbschein. Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hat aber entschieden, dass eine Klausel, wonach der angebliche Erbe stets einen Erbschein vorlegen muss, unwirksam ist.
    Ein Verbraucherschutzverband bemängelte zwei Klauseln in den AGB (allgemeinen Geschäftsbedingungen) einer Bank; nach der ersten musste der angebliche Erbe stets einen Erbschein bzw. ein Testamentsvollstreckungszeugnis oder eine ähnliche gerichtliche Urkunde vorlegen, um seine Erbenstellung nachzuweisen. Zwar „könne“ die Bank gemäß der zweiten Klausel auch auf die Vorlage des Erbscheins verzichten; dann müsse stattdessen aber eine Ausfertigung bzw. eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag überreicht werden. Der Streit endete vor Gericht.
    Nach Ansicht des OLG waren beide Klauseln unwirksam. Denn das deutsche Recht sieht keine Pflicht des Erben vor, seine Berechtigung immer mit einem Erbschein nachzuweisen. Dagegen verlangte die Bank vorliegend stets die Vorlage eines Erbscheins, auch wenn beispielsweise das Erbrecht nicht zweifelhaft war oder es auf andere Weise wie etwa durch ein öffentliches Testament nachgewiesen werden konnte. Im Übrigen entstand bei der zweiten Klausel der Eindruck, dass die Bank auf Vorlage des Erbscheins zwar verzichten „kann“, aber nicht „muss“ und damit willkürlich über die Vorlagepflicht entscheiden kann. Letztendlich kann die Bank auch ohne die Klauseln einen Erbschein verlangen, wenn tatsächlich konkrete Zweifel an der Erbenstellung bestehen.
    (OLG Hamm, Urteil v. 01.10.2012, Az.: I-31 U 55/12)
    Sandra Voigt/VOI

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