• August 2007

    Das neue Umweltschadensgesetz kennt auch weiterhin keine Haftung bei Gesundheitsschäden.

    Am 10. Mai 2007 wurde nunmehr das Umweltschadensgesetz verabschiedet und im Bundesgesetzblatt vom 14. Mai 2007 (Teil I, 2007, Nr. 19; Seite 666 ff) veröffentlicht.

    Damit erfolgte die seit längerem ausstehende Umsetzung der EU – Richtlinie über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden 2004/35/EG vom 21. April 2004.

    In dem Artikelgesetz zur Umsetzung der Richtlinie wurden neben dem Umweltschadensgesetz jetzt auch das Wasserhaushaltsgesetz und das Bundesnaturschutzgesetz geändert.

    Bereits Anfang März 2005 hatte das Bundes-Umweltministerium einen entsprechenden Gesetzesentwurf vorgelegt, da die Umsetzung eigentlich bis zum 30. April 2007 hätte erfolgen müssen; wieder einmal hat damit die Bundesrepublik Deutschland die notwendige Transformation einer EU-Richtlinie in deutsches Recht nicht rechtzeitig vorgenommen.

    Bislang war das deutsche Umwelthaftungsrecht im Wesentlichen zivilrechtlich geprägt und betraf die individuellen Schadensersatzansprüche von Privatpersonen, sodass entweder eine unmittelbare, direkte Verletzung geschützter Rechtsgüter erforderlich war oder aber die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten, sodass eine Verletzung solange auszuschließen war, wie die Regeln nach dem Stand der Wissenschaft und Technik eingehalten wurden.

    Man sprach diesbezüglich auch von der „guten fachlichen Praxis“, welche es zu beachten gab; mehr aber auch nicht.

    Dies ändert sich jetzt, da eine neue Haftungsverteilung eingeführt wird und insbesondere Schäden an der biologischen Vielfalt (Biodiversität), an Gewässern und dem Boden öffentlich – rechtlich geltend gemacht werden können.

    Eine gesetzliche Regelung zur Sanierung dieser Schäden hat es bislang überhaupt nicht gegeben, mit der Ausnahme von lückenhaften Regelungen bezüglich des Bodens.

    Ab jetzt gilt aber die Sanierungspflicht nach § 6 Umweltschadensgesetz für weitere Bereiche, wobei insbesondere der Schutz der Biodiversität und die entsprechende Sanierungspflicht erhebliche praktische Probleme aufwerfen wird; wie „saniere“ ich ein Biotop mit einer in Folge eines Umweltschadens ausgestorbenen Art?

    Das Gesetz gilt jedoch nicht für Personen- und Gesundheitsschäden, Schäden am Privateigentum und für wirtschaftliche Verluste, wie dies bereits im Erwägungsgrund Nr. 14 zur Richtlinie festgehalten ist.

    Für Gesundheitsschäden der Bevölkerung bedeutet dies, dass zunächst einmal alles beim Alten bleibt.

    Bedauerlich ist allerdings auch, dass nach § 13 des neuen Gesetzes dieses nicht für Schäden gilt, welche vor dem 30. April 2007 stattfanden oder auf ein Ereignis zurück zuführen sind, dass vor diesem Tag endete - was immer dies bei überhaupt noch nicht absehbaren, bzw. erkennbaren Spätfolgen heißen mag.

    Gleiches gilt für Schäden die mehr als 30 Jahre zurückliegen und wenn in dieser Zeit keine behördlichen Maßnahmen gegen den Verantwortlichen erfolgten.

    Für die Praxis wird dies zu erheblichen Beweisproblemen führen, da eine exakte zeitliche Eingrenzung oftmals unmöglich ist.

    Weiterhin eröffnet das Gesetz verschiedene Kompetenzkonflikte zwischen dem Bund und den Ländern:

    1.) Zum einen lässt das Gesetz in § 1 dem Bund und den Ländern die Möglichkeit weitere Regelungen zu treffen und zwar sowohl bezüglich einer detailierteren Regelung der Sanierungspflicht und der Definition des Umweltschadens, als auch weitere, sprich insgesamt strengere Anforderungen aufzustellen.

    2.) Darüber hinaus können die Länder die Anwendung über die so genannten „Natura 2000 Gebiete“ (also Gebiete nach der Vogelschutzrichtlinie und FFH – Gebiete) auf Natur- und Landschaftsschutzgebiete ausweiten; dies mag sinnvoll sein, schafft aber Verwirrung und Rechtsunsicherheit, da auch der Bund weitergehende Regelungen vornehmen kann.

    3.) Umgekehrt wird zunächst noch streitig bleiben, ob die Länder auch von den Sanierungskosten befreien können, was bei agrar- und forstwirtschaftlich bedingten Grundwasserschäden durchaus im Bereich des möglichen liegt, da ja gerade in der Forstwirtschaft die Länder als Eigentümer ausgedehnter Waldflächen ein hohes wirtschaftliches Eigeninteresse haben, sich selbst aus der Haftung zu nehmen.

    Neu ist ferner die Möglichkeit nach § 10 für Betroffene und Verbände durch einen formlosen Antrag bei der Behörde deren Tätigwerden gegen einen Verursacher zu verlangen und letztlich auch über eine gerichtliche Klage zu erzwingen.

    Hiermit kann dann auch die Sanierungspflicht durchgesetzt werden.

    Diese Befugnis der Umweltverbände ist eine klare Abkehr von dem eingangs geschilderten ausschließlichen Klagerecht der Geschädigten nach bisheriger Rechtslage.

    Nachdem in der Vergangenheit zunächst auch eventuelle Haftungshöchstgrenzen diskutiert wurden, sind diese jetzt in dem Gesetz nicht enthalten, so dass eine unbegrenzte Haftung besteht.

    Allerdings wurde auch keine Verpflichtung für Unternehmen zum Abschluss einer entsprechenden Versicherung eingeführt, sodass es fraglich bleibt, ob im Schadensfalle auch tatsächlich die Sanierungskosten durchgesetzt werden können, zu Mal auch diesbezüglich die Länder noch Höchstbeträge festlegen können.

    Es bleibt daher auch in Zukunft noch viel Raum für offene Fragen und insbesondere, wer für konkrete Gesundheitsschäden der Bürger ein zustehen hat, wen nach dem „Stand der Technik“ verfahren wurde.

    Christa Kordes-Altstadt

    Rechtsanwältin

    Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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