• Mai 2010

    Viele Pferdehalter haben nicht die Möglichkeit, ihr Pferd am Haus unterzubringen, so dass in der Regel eine geeignete Unterbringungsmöglichkeit gesucht wird. Hier hat der Pferdehalter - je nach Geldbeutel - die Wahl zwischen einem Nobelstall oder einer einfachen Unterbringung. Egal, wo das Pferd unterkommt, es ist in der Regel 22 Stunden im Pensionsstall, ohne dass der Pferdehalter auf das Pferd Einfluss nehmen kann. Wer haftet, wenn sich das Pferd im Pensionsstall verletzt oder gar zu Tode kommt. Hier stellt sich die Frage, in welchem Umfang der Pensionsstallbetreiber für Schäden am bei ihm eingebrachten Pferd haftbar gemacht werden kann. Mit dieser Frage hatte sich die Rechtsprechung schon häufig auseinanderzusetzen.

    Das Oberlandesgericht Naumburg musste im April 2008 einen Rechtsstreit zu entscheiden, in dem es um die Reichweite der Haftung des Stallbetreibers ging. Eine Tierhalterin hatte ein zweijähriges Pferd in Pension gegeben, welches sich im Einverständnis mit der Pferdehalterin mit einem anderen Jungtier auf einer Weide befand. Das Pferd sprang aus unbekannten Gründen über den Zaun der Weide und wurde wenig später tot im angrenzenden Graben aufgefunden. Als Todesursache konnte ein Genickbruch oder ein Herz-Kreislaufversagen ermittelt werden. Was letztendlich zum Tod des Pensionspferdes geführt hatte, blieb unbekannt. Die Pferdehalterin nahm den Pensionsstallbetreiber auf Schadensersatz wegen des Verlustes ihres Pferdes in Anspruch.

    Der Pensionsstallbetreiber hatte in einem Formular-Pensionsvertrag vereinbart, dass er für Schäden an den eingebrachten Tieren nicht haftet, es sei denn, diese beruhen auf Vorsatz oder grober Fahrlässigkeit. Das Oberlandesgericht entschied, dass eine derartige Haftungsfreizeichnung im Pensionsvertrag eine unzulässige allgemeine Geschäftsbedingung darstellt. Diesbezüglich führte das Gericht aus, dass es sich beim Pensionsvertrag um einen entgeltlichen Verwahrvertrag handele, bei dem die Aufbewahrung als Hauptpflicht zum einen in der Gewährung des erforderlichen Raums - ggf. auch unter freiem Himmel - liege und zum anderen in der Übernahme der Obhut für das Pferd Sorge zu tragen. Das Füttern, die Pflege und die sichere Unterbringung eines überlassenen Tieres sind nach Auffassung des OLG Naumburg als Maßnahme zur Erhaltung Teil der Pflichten eines solchen Verwahrungsvertrages. Das Gericht führte weiter aus, dass der getroffene Haftungsausschluss unwirksam sei, da er mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, unvereinbar sei. Wesentlicher Grundgedanke des entgeltlichen Verwahrvertrages sei gerade die Obhut über das Pferd, welche eine Hauptleistungspflicht darstelle. Aus diesem Grunde könne der Pensionsstallbetreiber seine Haftung für Schäden an dem eingebrachten und zur Verwahrung gegebenen Pferd in einem Formular-Pensionsvertrag nicht ausschließen oder begrenzen.

    Das OLG Naumburg führte zur Haftung des Stallbetreibers für den Tod des Pferdes weiter aus, dass dieser eine objektive Pflichtverletzung begangen habe, weil der Pferdehalter bei Durchführung des Vertrages zu einem Schaden gekommen sei. Der beklagte Pferdepensionsbetreiber sei verpflichtet gewesen, für die Sicherheit und Erhaltung des Pferdes Sorge zu tragen. Dies habe er offensichtlich nicht getan, denn das verunglückte Pferd sei bei einem Ausbruch aus der Weide tödlich verunglückt. Aufgabe eines Stallbetreibers sei es aber gerade, das untergestellte Pferd sicher unterzubringen. Der Stallbetreiber hatte die Weide nach Ansicht des Gerichts so zu sichern, dass das Pferd nicht entweichen konnte. Gleichzeitig hätte die Eingrenzung so gestaltet werden müssen, dass sich das Pferd bei einem Ausbruch nicht verletzt. Das Gericht führte aus, es stehe fest, dass bereits der Beweis des ersten Anscheins dafür spreche, dass die Umzäunung unzureichend war, denn die Einzäunung habe am Unfalltag ihre Funktion nicht erfüllt. Der Zaun entlang des Grabens sei unter Berücksichtigung des Sehvermögens von Pferden nicht ausreichend hoch und erkennbar, um die dort untergebrachten Pferde am Überspringen bzw. Durchbrechen des Zaunes zu hindern. Hierbei ging das Gericht davon aus, dass für Großpferde eine Zaunhöhe von bis zu zwei Metern und bei Ponys bis zu 1,50 m zu fordern sei - gerade in Anbetracht der angrenzenden Gefahrenquelle in Form des die Weide umgebenden Grabens. Außerdem müsse ein Zaun für Pferde grds. gut sichtbar sein, um die Pferde von einem Überspringen oder Durchbrechen von vornherein abzuhalten.

    Der Stallbetreiber wandte hiergegen ein, es gebe auch andere denkbare Ursachen für den Unfall, wobei er keinen konkreten anderen Geschehensablauf darlegen konnte. Das Gericht führte daher aus, der Pferdepensionsbetreiber könne sich nur entlasten, wenn er darlegt und beweist, dass es auch ohne eine von ihm zu vertretende Pflichtverletzung zu dem Unfall und damit zum Ableben des Pferdes gekommen sei. Diesen Beweis konnte der Stallbetreiber jedoch gerade nicht führen. Der Pensionsstallbetreiber wurde daher dem Grunde nach verurteilt, der Pferdehalterin den eingetretenen Schaden in Form des Wertverlustes für das eingebrachte Pferd zu ersetzen.

    Grundsätzlich geht die Rechtsprechung davon aus, dass der Stallbetreiber die Beweislast dafür trägt, dass ihn kein Verschulden trifft, wenn ein Pferd in seiner Sphäre zu Schaden kommt. Dies gilt sowohl für den Fall, dass sich das Pferd verletzt, als auch für den Fall, dass es verstirbt. Da häufig gar nicht mehr geklärt werden kann, wie genau der Schaden entstanden ist, kann der Stallbetreiber diesen Entlastungsbeweis häufig nicht führen.

    Den Pensionsstallbetreiber treffen auch erhebliche Sorgfaltspflichten im täglichen Umgang mit dem bei ihm eingebrachten Pferd. So entschied beispielsweise das Landgericht Aschaffenburg, dass ein Pensionsstallbetreiber die Grundsätze einer ordnungsgemäßen Pferdehaltung zu wahren habe. Der Stallbetreiber holte zwei junge Hengste gemeinsam am Halfter von der Weide, wobei ein Hengst sich losriss und sich das Bein bei der Flucht brach. Das Gericht entschied, dass sich die Gefahr des "Durchgehens" eines Pferdes durch die unsachgemäße Führungsart von zwei Pferden gemeinsam um ein Vielfaches erhöht habe. Auch hier wurde der Pensionsstallbetreiber verurteilt, Schadensersatz zu leisten.

    Der Stallbetreiber kann sich jedoch entlasten, wenn er den Nachweis führt, dass er jedwede erforderliche Sorgfalt beachtet hat und der Schaden an dem eingebrachten Pferd ohne sein Verschulden eingetreten ist. Ebenfalls ist denkbar, dass der Pensionsstallbetreiber den Nachweis führt, dass sich seine Sorgfaltspflichtverletzung nicht kausal auf den Schadeneintritt ausgewirkt hat. In der Regel holt das Gericht zur Beantwortung einer derartigen Frage ein Sachverständigengutachten ein.

    Weitere aktuelle Urteile zum hippologischen Recht können Sie unter www.rechtundreiter.de nachlesen.

    RAin Iris Müller-Klein, Tel. 04204-687880

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