• November 2016

    Das Berliner Testament ist nach wie vor der beliebteste Klassiker bei den letztwilligen Verfügungen. Dieses gemeinschaftliche Ehegattentestament sorgt dafür, dass beim Tod eines anderen Ehegatten der überlebende Partner Alleinerbe wird. Das sichert ihn wirtschaftlich ab. Außerdem kann dadurch ein Erbstreit insoweit vermieden werden, dass keine streitträchtige Erbengemeinschaft mit etwaigen Kindern entsteht.

    Diese werden beim Berliner Testament zunächst enterbt und sollen erst beim Tod des letzten Elternteils "Schlusserben" werden.

    Diese Regelung bringt jedoch eine Pflichtteilsproblematik mit, da die zunächst enterbten Kinder ihren gesetzlichen Pflichtteil einfordern können. Das kann nicht verhindert, aber mit sogenannten Pflichtteilsstrafklauseln für die Kinder zumindest unattraktiv gestaltet werden.

    Weiterer Nebeneffekt der Enterbung ist die fehlende Ausnutzung der erbschaftsteuerlichen Freibeträge der Kinder im ersten Erbfall. Bei größeren Vermögen kann das teuer werden. Auch beim zweiten Erbfall droht eine Erbschaftsteuerpflicht, da die Kinder dann das ganze Vermögen auf einen Schlag erhalten. Für dieses Problem gibt es Vermächtnislösungen, die einen Ausgleich zwischen den wirtschftlichen Interessen des Alleinerbenden Ehegatten, der Wahrung des Familienfriedens und der Ausnutzung der persönlichen Freibeträge gewährleisten sollen.

    Vorsichtig müssen seit 2015 Erblasser sein, die ein Berliner Testament errichtet haben und im Ausland leben. Die EU-Erbrechtsverordnung bestimmt inzwischen, dass das anwendbare Erbrecht vom gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers abhängt. Lebt der Erblasser in einem Land, dessen Erbrecht kein gemeinschaftliches Ehegattentestament kennt, ist das Berliner Testament ungültig. Das kann gegebenenfalls durch eine Rechtswahl zugunsten des deutschen Heimaterbrecht gelöst werden.

    Schließlich müssen sich Eheleute beim Berliner Testament auch verstärkt Gedanken über die Bindungswirkung machen. Welche Verfügungen im Testament sollen bindend sein, wo ist Flexibilität (für den länger lebenden Ehegatten) angebracht?