• Januar 2013

    RA Johannes von Rüden

    Auch unter Apotheken tobt der Preiswettbewerb und der Kampf um die Kunden. Viele Apotheken, insbesondere Online-Apoteheken, versuchen mit Rabatt- und Gutscheinaktionen auf sich aufmerksam zu machen. Grundsätzlich ist diese Werbung bei nicht verschreibungspflichtigen Medikamenten oder beispielsweise Nahrungsergänzungsmitteln unproblematisch. Bei verschreibungspflichtigen Arzneien steht derartigen Aktionen jedoch die Festpreisbindung durch die Arzneimittelpreisverordnung entgegen.

    Was ist die Arzneimittelpreisverordnung?

    Nach § 78 Abs. 2 Satz 2 und 3 Arzneimittelgesetz (AMG) ist für die verschreibungspflichtigen und apothekenpflichtigen Fertigarzneimittel, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, ein einheitlicher Apothekenabgabepreis zu gewährleisten. Die Einzelheiten regelt die auf der Grundlage des § 78 Abs. 1 AMG ergangene Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV). Diese legt für verschreibungspflichtige Arzneimittel in § 2 die Preisspannen des Großhandels bei der Abgabe im Wiederverkauf an Apotheken und in § 3 die Preisspannen der Apotheken bei der Abgabe im Wiederverkauf jeweils zwingend fest. So bestimmt § 3 der AMPreisV, dass bei der Abgabe von Fertigarzneimitteln, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind, durch die Apotheken zur Berechnung des Apothekenabgabepreises ein Festzuschlag von 3 Prozent zuzüglich 8,35 Euro sowie die Umsatzsteuer zu erheben ist. Diese Regelungen sollen insbesondere gewährleisten, dass die im öffentlichen Interesse gebotene flächendeckende und gleichmäßige Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln sichergestellt ist.

    Von den Regelungen der Arzneimittelpreisverordnung ausgenommen sind seit 2004 die Preise im Vertrieb von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. Ziel dieser Ausnahmeregelung ist, den Wettbewerb zum Nutzen der Endverbraucher zu fördern. Zulässig ist seitdem auch der Vertrieb von Arzneimitteln im Internet, beispielsweise durch Online-Apotheken.

    Änderungen

    Zuletzt geändert wurde die Arzneimittelpreisverordnung durch Art. 1 der Zweiten ÄndVO, welche zum 01.01.2013 in Kraft getreten ist. Inhalt der Neuregelung ist die Anpassung des Festzuschlags für die Abgabe von verschreibungspflichtigen Fertigarzneimitteln durch Apotheken. Dieser wurde von bisher 8,10€ auf 8,35€ angehoben.

    Weiterhin wird die Einführung einer Sicherstellungspauschale für Apotheken im Nacht- und Notdienst beabsichtigt. Hierdurch soll ein funktionierendes und dichtes Netz von Apotheken in Deutschland auch in Zukunft gewährleistet werden.

    Wann liegt ein Verstoß gegen die Arzneimittelpreisverordnung vor?

    Ein Verstoß gegen die Preisbindung durch die Arzneimittelpreisverordnung liegt vor, wenn ein preisgebundenes Arzneimittel nicht zu dem nach der Verordnung zu bildenden Preis abgegeben wird. Auch wenn der Preis ordnungsgemäß festgesetzt wurde, aber dem Kunden anderweitige Vorteile gewährt werden, die den Erwerb im des Arzneimittels im Vergleich zu einer anderen Apotheke günstiger erscheinen lassen, ist ein Verstoß zu bejahen.

    Die Frage, ob ein Verstoß vorliegt hat die Gerichte in den letzten Jahren wiederholt beschäftigt.

    Ein Verstoß gegen die Preisbindung wurde in folgenden Fällen angenommen: Der Kunde erhält beim Erwerb verschreibungspflichtiger Arzneimittel sogenannten „Bonustaler“ im Wert eines bestimmten Geldbetrages, welche im Zuge des nächsten Einkaufs eingelöst werden können (OVG Lüneburg, Az.: 13 ME 95/11 und 13 ME 111/11). Die Gewährung von Einkaufsgutscheinen bzw. eines 5€-Bonus bei Einsendung eines Rezeptes über verschreibungspflichtige Medikamente bei einer Online-Apotheke (OLG Frankfurt, Az.: 6 U 201/04 bzw. BGH, Az.; I ZR 193/07). Auch die Teilnahme an einem Prämiensystem beim Kauf verschreibungspflichtiger Medikamente wurde als unzulässig erachtet (OLG Frankfurt, Az.: 6 U 201/04).

    Maßgeblich ist demnach vor allem, ob sich die betreffende Apotheke durch die Gewährung des Vorteils einen Wettbewerbsvorteil verschaffen kann, der gerade durch die Preisbindung durch die Arzneimittelpreisverordnung verhindert werden soll. Hierbei ist unerheblich, ob der wirtschaftliche Wert des Vorteils erst bei einem späteren Geschäft realisiert werden kann.

    Zuwendungen bis zu einem Wert von einem Euro sind nach dem BGH als geringwertige Kleinigkeit im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Fall 2 HWG anzusehen und daher in wettbewerbsrechtlicher Hinsicht unbeachtlich. Wettbewerbsrechtlich relevant sind nach Ansicht des BGH nur großzügigere Bonussysteme, die heilmittelwerberechtlich unzulässig sind, weil sie die Grenze der Geringwertigkeit überschreiten. Gutscheine mit einem Wert von fünf Euro seien dagegen mangels Geringwertigkeit unzulässig, da sie keinem der Tatbestände des § 7 Abs. 1 Satz 1 HWG zugeordnet werden könnten. In arzneimittelrechtlicher Hinsicht stellt die Rabattgewährung auf verschreibungspflichtige Medikamente jedoch trotzdem einen Verstoß dar. Anders sehen dies beispielsweise das OVG Lüneburg oder das OLG Frankfurt (OVG Lüneburg s.o. und OLG Frankfurt, Az.: 6 U 44/11), nach denen die wettbewerbsrechtliche Erheblichkeitsschwelle auch bei einem Gutschein/Bonus von ca. 1€ bereits überschritten sein kann. Unerheblich sei insoweit, dass es sich um einen geringfügigen geldwerten Vorteil handelt, sofern die jeweilige Maßnahme geeignet ist den Verbraucher in seinem Kaufverhalten unzulässig zu beeinflussen und auch künftig an das Unternehmen zu binden. Demnach liegt der vom BGH noch gebilligte Betrag von 1,- € bereits an der Obergrenze des nach

    § 7 Abs.1 Nr. 1 HWG Zulässigen.

    Die Gewährung von Rabatten ist nach Auffassung des BGH jedoch dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Einlösung des Gutscheins wesentliche Hindernisse entgegenstehen oder die Vorteile nicht allein für den Erwerb des preisgebundenen Arzneimittels, sondern auch aus anderem Anlass gewährt werden, etwa weil der Kunde beim Erwerb Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen muss.

    Anwendung der Arzneimittelpreisverordnung auf ausländische Versandapotheken

    Besondere Schwierigkeiten bereitete auch die Frage, ob die Festpreisbindung auch für ausländische Internetapotheken gilt, die im Wege des Versandhandels Arzneimittel nach Deutschland einführen.

    Auslöser der Kontroverse war das Bonussystem einer niederländischen Versandapotheke. Das beanstandete Bonussystem sah vor, dass jeder Kunde bei Bezug verschreibungspflichtiger Medikamente gegen Kassenrezept einen Bonus von drei Prozent des Warenwerts, mindestens 2,50 Euro und höchstens 15 Euro pro verordneter Packung erhielt, der entweder direkt mit dem Rechnungsbetrag der Bestellung oder – sofern er höher ist als dieser – im Rahmen einer künftigen Bestellung verrechnet wurde

    Nach zuvor divergierender Rechtsprechung wurde die Frage, ob die Festpreisverordnung auch für den Versand verschreibungspflichtiger Arzneimittel aus einem EU-Mitgliedsstaat nach Deutschland gilt, nunmehr dem Gemeinsamen Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes vorgelegt (BGH NJW 2010, 3724).

    Nach Ansicht des Bundessozialgerichts findet die Arzneimittelpreisverordnung in den genannten Fällen keine Anwendung (BSG PharmR 2008, 595).Anders sehen dies der der BGH und zahlreiche Landes- und Oberlandesgerichte (z.B. BGH NJW 2010, 3724 und OLG Frankfurt, Az.: 6 U 26/07). Begründet wird die Anwendung vor allem mit der Vorschrift des § 73 AMG, wonach beim Versand von Arzneimitteln an den Endverbraucher durch ausländische Apotheken die deutschen Vorschriften zum Versandhandel zu beachten sind, wozu auch § 11a Apothekengesetz gehört. Danach hat der Versand aus einer öffentlichen Apotheke nach den dafür geltenden Vorschriften zu erfolgen, wozu auch die Arzneimittelpreisverordnung gehört. Nur durch Gewährleistung der Preisbindung könne eine hohe Versorgungsdichte auch in ländlichen Regionen gesichert und ein ruinöser Preiswettbewerb verhindert werden. Ein Verstoß gegen die europarechtlich garantierte Warenverkehrsfreiheit liege auch nicht vor, da lediglich Sondervorteile ausländischer Apotheken verhindert würden und die Preisbindung zudem zum Schutz der öffentlichen Gesundheit, genauer einer flächendeckenden Versorgung, gerechtfertigt sei.

    Was sind die Folgen eines Verstoßes?

    Ein Verstoß gegen die Preisbindung gemäß der Arzneimittelpreisverordnung ist grundsätzlich abmahnbar nach §§ 3, 4 Nr.11 UWG in Verbindung mit § 7 HWG. Voraussetzung ist, dass eine unzulässige, den Abnehmer unsachlich beeinflussende und eine mittelbare Gesundheitsgefährdung auslösende **stop**mittelwerbung vorliegt und diese geeignet ist die Interessen von Mitbewerbern und sonstigen Marktteilnehmern spürbar zu beeinträchtigen.

    Weiterhin kann ein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 4 Nr.11 UWG in Verbindung mit § 78 II 2 AMG, §§ 1,3 AMPreisV folgen