• Juni 2008

    Welche Entscheidungen können angefochten werden?

    UVP-pflichtige Vorhaben

    Gegenstand eines Rechtsbehelfs können alle Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 UVP-Gesetz sein, für die nach dem UVP-Gesetz, der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben oder landesrechtlicher Vorschriften eine Pflicht zur Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. Dazu gehören auch Bebauungspläne, wenn mit Hilfe des Bebauungsplanes die planungsrechtliche Grundlage für ein uvppflichtiges Vorhaben geschaffen werden soll (z.B. Bau eines Freizeitparks im Außenbereich mit einer Größe von mindestens 10 ha). In jedem Falle anfechtbar sind die Vorhaben, die in der Spalte 1 der Anlage 1 zum UVP-Gesetz genannt sind (zwingende UVP). Vorhaben, die gemäß der Spalte 2 der Anlage 1 zum UVP-Gesetz zuerst einer Vorprüfung unterzogen werden, ob eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist oder nicht (UVP-Screening), können angefochten werden, wenn die zuständige Behörde die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung angeordnet hat oder eine solche Anordnung pflichtwidrig unterlassen hat. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Behörden bei ihrer Einschätzung einen Beurteilungsspielraum besitzen, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung ist aber immer dann anzunehmen, wenn die begründete Möglichkeit besteht, dass das Vorhaben zu erheblichen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt führen kann (OVG Münster, Urteil v. 9.8.2005 - 8 A 1359/05).Hat die Behörde überhaupt keine Vorprüfung durchgeführt, obwohl das UVP-Gesetz dies vorschreibt, kann eine daraufhin ergangene Genehmigung ebenfalls angefochten werden.


    Vorhaben nach der IVU-Richtlinie

    Ein Rechtsbehelf kann auch eingelegt werden gegen immissionsschutzrechtliche Genehmigungen für Anlagen der Spalte 1 des Anhangs zur 4. BImSchV (einschließlich der Neufestlegung von Grenzwerten gem. § 17 Abs. 1 a BImSchG), gegen wasserrechtliche Erlaubnisse nach §§ 2, 7 Abs. 1 S. 1 WHG und gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Abfalldeponien. Das Gesetz gilt nur für Verfahren, die nach dem 25. Juni 2005 eingeleitet worden sind oder hätten eingeleitet werden müssen. Wer kann Rechtsbehelfe einlegen?Widerspruchs- und klagebefugt sind alle Naturschutzverbände, die nach dem Bundesnaturschutzgesetz oder landesrechtlichen Vorschriften anerkannt wurden.

    Im übrigen müssen sich Vereinigungen, die ein Klagerecht nach dem Umweltrechtsbehelfegesetz erlangen wollen, vom Umweltbundesamt anerkennen lassen. Voraussetzung ist, dass sie mindestens 3 Jahre lang ideel und dauerhaft Ziele des Umweltschutzes verfolgt haben, Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bieten, gemeinnützige Zwecke verfolgen und jedermann eine Mitgliedschaft anbieten.

    Wann ist der Rechtsbehelf erfolgreich?

    Die klagebefugte Vereinigung kann die Verletzung von Verfahrensvorschriften und materiellrechtlichen Vorschriften geltend machen.


    Verfahrensvorschriften

    Die Aufhebung einer angefochtenen Entscheidung kann verlangt werden, wenn wesentliche Verfahrensvorschriften verletzt worden sind und der Verfahrensfehler nicht geheilt werden kann. Eine derartige Verfahrenverletzung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn eine erforderliche Umweltverträglichkeitsprüfung oder eine erforderliche Vorprüfung des Einzelfalls über die UVP-Pflichtigkeit nicht durchgeführt worden ist.


    Materiell-rechtliche Vorschriften

    Im übrigen ist einem Rechtsbehelf stattzugeben, werden die angegriffene Entscheidung oder deren Unterlassung Rechtsvorschriften, die dem Umweltschutz dienen, Rechte einzelner begründen und für die Entscheidung von Bedeutung sein können, widerspricht.

    Die Vereinigung muss geltend machen, in ihrem satzungsmäßigen Aufgabenbereich berührt zu sein. Sie muss außerdem zur Beteiligung im Genehmigungsverfahren berechtigt gewesen sein und sich in der Sache gemäß den geltenden Rechtsvorschriften geäußert haben.

    Einwendungen, die im Genehmigungsverfahren nicht vorgebracht wurden, können auch im Widerspruchs- oder Klageverfahren nicht geltend gemacht werden.

    Verstößt das Umweltrechtsbehelfegesetz gegen Europarecht?

    Die dem Gesetz zu Grunde liegende EG-Richtlinie räumt den Mitgliedsstaaten einen gewissen Gestaltungsspielraum bei der Umsetzung in nationales Recht ein. Allerdings muss dem Ziel, einen weiten Zugang zu einem Überprüfungsverfahren zu gewähren, Genüge getan werden.

    Insbesondere gegen die Einschränkung, nur so genannte drittschützende Normen (Vorschriften, die Rechte einzelner begründen) als Prüfungsgegenstand zuzulassen, bestehen erhebliche Bedenken. Dadurch wird ein erheblicher Teil des Umweltrechts von der gerichtlichen Überprüfung ausgeschlossen. Dies ist nicht nur systemwidrig, sondern widerspricht auch dem Ziel der EU-Richtlinie, eine umfassende Überprüfung von Verwaltungsentscheidungen zu erreichen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen von Mensch und Umwelt führen können.