• Juni 2010

    Waffenbesitzkarte und Jagdschein werden häufig entzogen, nachdem eine Straftat begangen wurde. Die waffenrechtliche Zuverlässigkeit wird von der Behörde dann verneint wie dies auch für die Frage der Entziehung des Jagdscheins regelmäßig maßgebend ist. Aktuell sind Gerichtsentscheidungen hierzu ergangen, deren Kenntnis wichtig ist, um sich rechtzeitig auf die Situation einzustellen und damit eventuell auch den Entzug von Waffenbesitzkarte und Jagdschein zu verhindern.

    I. Entzug wegen vorsätzlicher Straftat bei Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr

    Eine rechtskräftige Verurteilung wegen eines Verbrechens führt nach dem Gesetz zwangsläufig zum Entzug von Waffenbesitzkarte und Jagdschein. Ein Verbrechen ist eine Straftat, die vom Gesetzgeber grundsätzlich mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht ist. Gleiches gilt im Fall einer Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Straftat zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr. In Sicherheit wiegen kann sich keiner. Die MiStra (Mitteilung in Strafsachen) schreibt vor: Staatsanwälte und Gerichte müssen solche und andere Straftaten regelmäßig den zuständigen Behörden mitteilen.

    II. Verurteilung zu einer Strafe von mindestens 60 Tagessätzen

    Die meisten rechtskräftig abgeurteilten Straftaten führen bei einer Mindeststrafe von 60 Tagessätzen zur regelmäßigen Vermutung der Unzuverlässigkeit. Waffenbesitzkarte und Jagdschein werden dann für ungültig erklärt und entzogen.

    1. Art der Straftat

    Bei Verurteilung zu einer auf mindestens zwei Monate bezogenen Geldstrafe (60 Tagessätze) begründen bestimmte Straftaten eine Vermutung für die Unzuverlässigkeit des Täters: eine vorsätzliche Straftat, eine Straftat hinsichtlich des Umgangs mit Waffen, Munition oder Sprengstoff sowie eine fahrlässige gemeingefährliche Straftat (vgl. § 5 Absatz 2 Ziffer 1 Waffengesetz). Als gemeingefährliche Straftat in diesem Sinne gilt auch eine fahrlässige Trunkenheitsfahrt (Bayerischer Verwaltungsgerichtshof vom 24.11.2008, Aktenzeichen Z 19 ZB 08.2649). Zu diesen gemeingefährlichen Straftaten gehört auch der Fall, dass ein Autofahrer fahrlässig Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, beispielsweise wenn er die Vorfahrt nicht beachtet oder an Fußgängerüberwegen falsch fährt. Ein Täter handelt vorsätzlich, wenn er das Ergebnis seines Handels für möglich hält und es zumindest in Kauf nimmt. Fahrlässig handelt, wer lediglich die gebotene Sorgfalt außer Acht lässt.

    2. Regelvermutung

    Liegt eine solche Straftat vor, die zu einer Verurteilung von mindestens 60 Tagessätzen führt, wird die Unzuverlässigkeit regelmäßig vermutet. Mancher mag sich fragen, wie diese Vermutung entkräftet werden kann. Dafür reichen nicht allgemeine und positive Persönlichkeitsgutachten. Es kommt allein auf tatbezogene Umstände an. Die Tat muss sich zum Beispiel als eine extreme Ausnahmesituation darstellen, die im Leben des Täters höchstwahrscheinlich nicht mehr vorkommen wird. Angeknüpft werden kann dabei an die Schwere der konkreten Tat oder an die Persönlichkeit des Betroffenen (Bundesverwaltungsgericht vom 21.7.2008; Aktenzeichen 3 B 12/08). Letzteres ist aber nicht allgemein, sondern auch nur auf die Tatumstände zu beziehen. Ein Gutachten, wonach sich die Persönlichkeit eines alkoholabhängigen Trunkenheitsfahrers inzwischen und nach der Tat geändert habe, wird vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als unerheblich angesehen (Beschluss vom 24.11.2008, Aktenzeichen 19 ZB 08.2649). Die gleiche Regelvermutung tritt ein, wenn der Täter zwar keine Geldstrafe von 60 Tagessätzen erhalten hat, aber wegen einer der genannten Straftaten zweimal zu einer geringeren Geldstrafe verurteilt wurde.

    3. Entzugsverfahren

    Die zuständige Verwaltungsbehörde geht im Allgemeinen von der strafrechtlichen Verurteilung aus und nimmt praktisch nie eine eigene Einschätzung des Tatverhaltens vor. Ausnahmsweise darf sie die Tat aufgrund ihrer Sachnähe aber anders einschätzen als das Strafgericht; dies gilt auch dann, wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass die strafrechtliche Verurteilung auf einem Irrtum beruht (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 21.7.2008, Aktenzeichen 3 B 12/08). Nach Ansicht des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes ist es regelmäßig möglich, den Entzug von Waffenbesitzkarte und Jagdschein für sofort vollziehbar zu erklären (Beschluss vom 15.08.2008, Aktenzeichen 19 CS 08.1471;

    ebenso Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht vom 29.10. 2003, Aktenzeichen 11 ME 286/03 sowie Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 15.01.2008, Aktenzeichen 3 M 196/07). Eine solche Anordnung hat zur Folge, dass ab Erhalt der Entzugsbescheide, die Waffen abzugeben sind und nicht mehr gejagt werden darf. Ein etwa nach Landesrecht möglicher Widerspruch sowie die Klage vor dem Verwaltungsgericht haben dann keine aufschiebende Wirkung mehr.

    4. Fazit

    Praktisch wird es kaum einmal vorkommen, dass die zuständige Jagd- und Waffenbehörde die rechtskräftige strafrechtliche Verurteilung in Frage stellt und darüber eine eigene Prüfung anstellt. Dann kann nur noch mit tatbezogenen Umständen argumentiert werden, die die Tat ausnahmsweise in einem milden Licht erscheinen lassen. Bei der Festsetzung der Sperrfrist ist die Behörde im Allgemeinen gebunden an die Zeitspanne, während der die waffenrechtliche Unzuverlässigkeit vermutet wird. Dies sind hier fünf Jahre gem. § 5 Absatz 2 Ziffer 1 Waffengesetz nachdem die strafrechtliche Verurteilung rechtskräftig geworden ist.

    Vor einer strafrechtlichen Verurteilung müssen deshalb geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um eine Einstellung des Verfahrens zu erreichen oder eine Verurteilung zu weniger als 60 Tagessätzen. In Betracht kommt vor allem ein Verfahren zum Täter-Opfer-Ausgleich. Ein solches Verfahren wird mit Hilfe moderner Methoden der Konfliktlösung, wie der Mediation, durchgeführt. Das Strafverfahren selbst kann für die Dauer eines solchen Verfahrens ausgesetzt werden. Wenn ein Ausgleich zwischen Täter und Opfer erreicht wird, bleibt nur der Strafanspruch des Staates, um allgemein abzuschrecken vor der Begehung weiterer Straftaten. Fehlt es an einem ?Opfer" der Straftat wie bei abstrakten Gefährdungsdelikten (z.B. bei der oben genannten fahrlässigen Trunkenheitsfahrt) sollte nach oder schon vor Einspruch gegen den Strafbefehl intensiver Kontakt zur Staatsanwaltschaft und zum Gericht gesucht werden. So können geeignete Maßnahmen vor Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Strafgericht getroffen werden. Dadurch lässt sich das Strafmaß häufig herabsetzen oder eine Einstellung des Verfahrens unter Auflagen erreichen.

    Dr. Volker von Creytz

    Rechtsanwalt, München