• April 2010

    Aufgrund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters beim Bundesgerichtshof (BGH) befindet sich ein 52 Jahre alter Iraner wegen Verstößen gegen das Iran-Embargo seit Oktober 2009 in Untersuchungshaft. Die Bundesanwaltschaft hat jetzt auch Anklage erhoben, über die Zulassung der Anklage hat das Oberlandesgericht Düsseldorf zu entscheiden. Es kann die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den/die Beschuldigten ablehnen oder nur zum Teil zulassen. Die Generalbundesanwältin kann gegen einen solchen Beschluss sofortige Beschwerde beim BGH einlegen. Der Bundesgerichtshof kann dann das Bestehen eines hinreichenden Tatverdachts in vollem Umfang eigenständig prüfen und die Eröffnung des Hauptverfahrens beschließen; an dem Beschluss ist das OLG gebunden.

    Gesetzliche Grundlage für die Strafbarkeit ist u.a. § 34 Außenwirtschaftsgesetz (AWG). Das Außenwirtschaftsgesetz ist ein so genanntes Blankettgesetz, d.h. das Gesetz selbst beschreibt nicht positiv, welche Güter unter dem Außenwirtschaftsgesetz fallen, sondern es wird nur die Strafandrohung festgehalten und die verbotswidrige Handlung, z.B. das "Ausführen", das "Verbringen" etc. beschrieben. Ansonsten verweist das Gesetz auf Verordnungen, die sich ständig ändern. Zum Beispiel steht in der aktuellen Fassung des § 34 Abs. 1 AWG:

    "Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer ohne Genehmigung

    1. in Teil I Abschnitt A oder

    2. in Teil I Abschnitt C Kategorie 0, Kategorie 1 Nummer 1C350, 1C351, 1C352, 1C353, 1C354, Kategorie 2 Nummer 2B350, 2B351 oder 2B352

    der Ausfuhrliste (Anlage AL zur Außenwirtschaftsverordnung) genannte Güter ausführt oder verbringt."

    Solche Blankettgesetze sind juristisch umstritten. Problem des Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 Grundgesetzes [Grundrechte vor Gericht]. Es heißt dort unter Absatz 2: "Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde."

    Nach § 34 Abs. 2 Nr. 3 AWG müssen die Handlungen des Beschuldigten geeignet sein, die auswärtigen Beziehungen der Bundesrepublik Deutschland erheblich zu gefährden. Meist haben die Gerichte - hier das Oberlandesgericht, das erstinstanzlich zuständig ist, sich mit komplizierten technischen Fragen auseinander zu setzen. Dafür gibt es Sachverständige, die in einem Gutachten den Richtern erklären, warum z.B. die Ausfuhr eines Vakuum-Sinterofens, einen militärischen Nutzwert hat, und ohne die erforderliche Genehmigung über andere Länder an iranische Firmen geliefert wurde. Auch die Frage der Gefährdung der auswärtigen Beziehungen wird von einem Sachverständigen, der dem Auswärtigen Amt angehört, beantwortet werden. Sind zahlreiche Personen beschuldigt und ist der Ermittlungsaufwand groß, spricht man von "Umfangsverfahren".

    Wirtschaftsgüter können sowohl zivil als auch militärisch genutzt werden, dafür wurden auf der Ebene des europäischen Rechts diverse EU-Verordnungen verabschiedet, die die DUAL-USE-Verwendung von Ausfuhrgütern regeln. Z.B. kann hochwertiges Graphit bei der Herstellung von Mittel- und Langstreckenraketen verwendet werden. Durch neue spektakuläre Proliferation-Fälle gerät diese Rechtsmaterie immer mehr ins Zentrum der Presse-Berichterstattung und damit ins Bewusstsein der Öffentlichkeit.

    Es gibt aber auch Beschuldigte, das muss hier gesagt werden, die nicht konspirativ mit ausländischen Geheimdiensten zusammenarbeiten. Sie sind oft Opfer eigener Leichtfertigkeit geworden. Bei diesen Personen erfüllt der Technologietransfer den Tatbestand der geheimdienstlichen Agententätigkeit nach § 99 StGB nicht.

    Deutsche Firmen sollten sich unbedingt anwaltlich beraten lassen, bevor sie eine Nebendependance (in einer Sonderwirtschaftszone) in den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) eröffnen, um die Ausfuhrbeschränkungen zu umgehen.

    Denn das deutsche Außenwirtschaftsgesetz findet auch Anwendung bei Handlungen, die von Deutschen im Ausland begangen werden. Es verstößt nicht gegen Art. 25 Grundgesetz, so hat es der Bundesgerichtshof kürzlich entschieden, dass § 35 AWG den Geltungsbereich materiellen deutschen Strafrechts auf Taten erstreckt, die von deutschen Staatsbürgern im Ausland begangen werden.

    Verfasser: Rechtsanwalt Dr. Ebrahim-Nesbat, Hamburg

    Tel.: 040 7697 4140