• Juli 2005

    Viele Studenten wissen inzwischen, dass es Möglichkeiten gibt, einen Studienplatz auch mit Hilfe eines Gerichts zu erstreiten.

    Aber wie funktioniert das?

    Procedere

    Zunächst einmal wird ein vollständiger, förmlicher Bewerbungsantrag bei der Universität gestellt, bei der man studieren möchte. Dabei sind die Fristen, die von Universität zu Universität variieren können, unbedingt einzuhalten.

    Diese Bewerbung ist Grundlage für die sogenannte Studienplatzklage.

    Bei dem jeweils zuständigen Verwaltungsgericht wird dann ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Dabei wird dargelegt, dass der Universität Fehler im Rahmen der Kapazitätsberechnung unterlaufen seien. Mit anderen Worten: Sie hätte mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln mehr Studienplätze schaffen können.

    Das Verwaltungsgericht und der Rechtsanwalt prüfen dann die von der Antragsgegnerin, also der Universität, übersandten Unterlagen, ob tatsächlich Fehler und/oder Unstimmigkeiten in den Berechnungen zu finden sind.

    Stellt das Gericht fest, dass Studienplätze außerhalb der Kapazität vorhanden sind, wird die Universität verpflichtet, die Studienplätze unter den Antragstellern (Studierende) zu verteilen. Gibt es mehr Antragsteller als freie Plätze, ordnen viele Gerichte ein Losverfahren an. Ob man dann zu den Glücklichen gehört, ist eine Frage des persönlichen Losglücks.

    Viele Gerichte bemühen sich, Vergleiche zwischen den Studierenden und den Universitäten herbeizuführen. Ein Vergleich kann beispielsweise so aussehen, dass der Antragsteller den gewünschten Studienplatz bekommt, dafür aber die Kosten des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens übernimmt, d.h. er nimmt seinen Antrag zurück und trägt die sich dadurch reduzierten Gerichtskosten sowie die Kosten seines Rechtsanwalts.

    Ob ein Vergleich abgeschlossen werden kann, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, die sich von außen kaum beeinflussen lassen. Maßgebenden Einfluss haben vor allem die Zahl der Studienplatzbewerber, die tatsächlich vorhandenen Kapazitäten (Personal, Räume, sonstige Sachmittel etc.).

    So lässt sich vorab schlecht sagen, wie groß die Chancen sind, einen Studienplatz zu bekommen.

    Es gibt aber auch Fälle, in denen die Universitäten von sich aus einen Vergleich anbieten, um ihre Berechnungsgrundlagen nicht offen legen zu müssen. Dies kommt aber vor allem bei den kleineren Studiengängen in Frage.

    Bei den großen wie Zahn-, Human-, Veterinärmedizin muss das Gericht in aller Regel entscheiden.

    Ergebnis

    Im Grundsatz werden im einstweiligen Rechtsschutz nur vorläufige Entscheidungen getroffen. Das führt dazu, dass unter Umständen noch ein Hauptsacheverfahren durchgeführt werden muss. Dazu müsste dann nur eine Klage vor dem gleichen Verwaltungsgericht erhoben werden. Entbehrlich ist dies jedoch dann, wenn endgültige Studienplätze vergeben werden, im Studiengang Medizin z.T. aber beschränkt auf den vorklinischen Teil.

    Hat der Studienbewerber dann einen Studienplatz bekommen, kann er mit dem Studium beginnen, ohne dass es irgendwelche Einschränkungen gebe.

    Sollte der Studienplatzbewerber unterliegen – entweder weil er kein Glück im Losverfahren hatte oder aus anderen Gründen keine Entscheidung zu seinen Gunsten getroffen wurde, trägt er die Verfahrenskosten.

    Verfahrensdauer

    Im einstweiligen Rechtsschutz sollen seiner Idee nach schnelle Entscheidungen getroffen werden. Je nach Arbeitsbelastung des Gerichts ist dies jedoch nicht immer möglich, so dass es z.T. mehrere Monate bis zu einem Jahr dauern kann, bis eine Entscheidung vorliegt.

    Grundsätzlich lässt sich sagen, dass bei Verwaltungsgerichten, die für die großen, bei Studierenden sehr beliebten Universitätsstädte zuständig sind, die Verfahren häufig sehr lange dauern.

    Taktik

    Geht es dem Bewerber um ein bestimmten Studienfach, aber nicht so sehr um eine bestimmte Stadt, sollten möglichst die weniger beliebt Universitätsstädte herausgesucht und entsprechende Anträge gestellt werden.

    Grundsätzlich ist es möglich, auch mehrere Universitäten zu verklagen; theoretisch können auch alle Hochschulen verklagt werden, an denen das gewünschte Studienfach angeboten wird. Zu bedenken ist jedoch, dass damit ein nicht unerhebliches Kostenrisiko eingegangen wird. Rein statistisch steigen aber natürlich die Erfolgsaussichten mit der Anzahl der Verfahren.

    Erfolgsaussichten

    Je mehr Studienplatzbewerber es gibt, die bereit sind, ihren Studienplatz auf diesem Wege zu erstreiten, desto geringer sind schon statistisch die Erfolgsaussichten.

    Auf der anderen Seite ist zu bedenken, dass bei eher durchschnittlichen Abiturnoten ohne Besonderheiten (Härtefallgesichtspunkte, Wartezeit etc.) kaum eine Chance besteht, am gewünschten Ort, einen Studienplatz zu bekommen. Aus diesem Grund ist die Kapazitätsklage für viele Studienbewerber die einzige Möglichkeit, an gewünschten Platz zu erlangen.

    Die Kapazitätsklage ist grundsätzlich in jedem Studiengang möglich, unabhängig davon, ob das Bewerbungsverfahren vor der jeweiligen Hochschule oder der ZVS abläuft.

    Finanzierung

    Reichen die persönlichen Mittel nicht aus, um einen Prozess zu führen, kann unter Umständen Prozesskostenhilfe in Anspruch genommen werden. Sie wird auch als gerichtliche Sozialhilfe bezeichnet; Sinn ist, das Existenzminimum nicht durch die Belastung mit Prozesskosten zu gefährden und die Chancengleichheit vor Gericht zu wahren. Das Prozesskostenhilfeverfahren ist ein eigenständiges Verfahren.

    Dabei müssen die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein.

    • Antrag an das Prozessgericht
    • Hinreichende Erfolgsaussicht
    • Unvermögen, die Kosten der Prozessführung zu tragen

    Der beigeordnete Rechtsanwalt darf von der Partei kein Honorar verlangen; er wird aus der Staatskasse bezahlt. Die Gerichtskosten kann die Staatskasse nur nach Maßgabe des Bewilligungsbeschlusses geltend machen.

    Bei Obsiegen der PKH-Partei steht ihr ein prozessualer Kostenerstattungsanspruch gegen die verurteilte Gegenpartei zu.

    Es besteht kein Schutz vor dem prozessualen Kostenerstattungsanspruch des obsiegenden Gegners.

    Entsprechende Anträge werden zusammen mit dem Antrag im einstweiligen Rechtsschutz bei dem zuständigen Verwaltungsgericht gestellt.

    Ob eine bestehende Rechtsschutzversicherung (ggf. auch de der Eltern) die Kosten übernimmt, sollte immer vorab geklärt werden. Nur mit einer schriftlichen Deckungszusage besteht die erforderliche Sicherheit, dass die Kosten auch tatsächlich erstattet werden.

    Anwaltszwang?

    Vor den Verwaltungsgerichten besteht kein Anwaltszwang, d.h. Studierende können die Anträge auch ohne anwaltliche Vertretung stellen. Sie sollten sich allerdings vorab sehr sorgfältig über bestehende Fristen informieren und dafür Sorge tragen, dass alle erforderlichen Unterlagen bereits dem Antrag beigefügt sind.

    Im Rahmen der Überprüfung der vorgelegten Kapazitätsberechnungen haben Studierenden in der Regel kaum Argumentationsmöglichkeiten. Diese ergeben sich nur, wenn die Rechtsprechung gekannt und ausgewertet wird.