• August 2009

    Der Einsatz eines seit acht Jahren zugelassenen Verkehrskontrollsystems mit Videoaufzeichnung ist verfassungswidrig. Dennoch werden mit dem Gerät des Herstellers VIDIS seit Jahren Autofahrer von Autobahnbrücken herab verdeckt beobachtet und aufgezeichnet. Der eigentliche Skandal: Das Ganze geschieht mit Billigung der Justiz. Jetzt hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) eingegriffen und Urteile des Amtsgerichts Güstrow und des Oberlandesgerichts (OLG) Rostock aufgehoben.

    Die Polizei hatte auf der BAB 19 bei Kilometer 98 zum Zwecke der Verkehrsüberwachung eine Videoaufzeichnung durchgeführt. Ausnahmslos jedes Fahrzeug samt Fahrer und Insassen wurden erfasst. Und zwar völlig unabhängig davon, ob eine Ordnungswidrigkeit vorzuwerfen war oder nicht. Erst später wurden die Aufzeichnungen ausgewertet, und der Landrat des Landkreises Güstrow erließ gegen einige der aufgezeichneten Fahrer Bußgeldbescheide. Einer setzte sich zur Wehr und legte Einspruch ein. Zunächst ohne Erfolg.

    Obwohl er den Amtsrichter ausdrücklich auf die verfassungswidrige Datenerhebung hinwies und sich gegen die Verwertung der rechtswidrig gewonnenen Beweisvideos wandte, wurde der Fahrzeugführer verurteilt. Auch die hoch besoldeten Richter des Oberlandesgerichts verhalfen dem Betroffenen nicht zu seinem Recht. Obwohl sie es hätten besser wissen können - besser wissen müssen. Denn das BVerfG hatte bereits im Zusammenhang mit der automatisierten Erfassung von KFZ-Kennzeichen zwecks Abgleich mit dem Fahndungsbestand entschieden, dass ein rechtswidriger Eingriff in die Rechte der Fahrer der aufgezeichneten Fahrzeuge nur dann nicht vorliege, wenn nach dem Abgleich mit zur Fahndung ausgeschriebener Fahrzeuge die Aufzeichnung sofort und spurenlos gelöscht wird. Aber gerade dies geschieht im Falle der Überwachung mit dem VKS 3.0 nicht. Dennoch verwarfen die OLG-Richter die Rechtsbeschwerde und bestätigten damit das rechtswidrige Verhalten der Polizei und das falsche Urteil des Amtsgerichts. Erst die Anrufung des Bundesverfassungsgerichts führte zur Aufhebung der Entscheidungen von Ordnungsbehörde, Amtsgericht und Oberlandesgericht. Wieviele rechtswidrige Bußgeldbescheide in all’ den Jahren seit Verwendung des besagten Verkehrskontrollsystems rechtskräftig wurden, weil sich die Betroffenen in ihr Schicksal fügten und kein Rechtsmittel einlegten, wird sich im Nachhinein wohl nicht mehr ermitteln lassen.