• August 2004

    Der Tod ist das schlimmste nicht, vielmehr den Tod ersehnen und nicht sterben dürfen.
    Elektra, Sophokles

    Die großartigen Leistungen der modernen Medizin, die gesellschaftliche Situation, aber auch die Bequemlichkeit des Einzelnen haben dazu geführt, dass Sterben und Tod weitgehend aus dem Alltag verdrängt wurden.
    Im Zuge seiner historischen Entwicklung hat sich der moderne Mensch immer weiter vom Tod distanziert und akzeptiert ihn nicht mehr als Teil des Lebens.
    Es ist noch nicht lange her, da hatten Tod und Sterben etwas Privates, etwas Intimes, fanden sie doch statt in der vertrauten Umgebung, in der Familie. Heute dagegen ist es nur noch sehr wenigen Menschen vergönnt, inmitten ihrer privaten Umgebung zu sterben – viele sterben in Krankenhäusern oder Pflegeeinrichtungen

    Dort steht der Tod dann nur allzu oft am Ende einer Kette von therapeutischen Maßnahmen, die eine echte Auseinandersetzung mit dem Tod unmöglich machen. Im Folgenden sollen die gegenwärtig bestehenden Vorsorgemöglichkeiten dargestellt werden, deren Bedeutung in dem Maße wie die medizinischen Möglichkeiten wachsen wird.

    Viele Menschen wissen, dass es eine Vielzahl von Möglichkeiten gibt, eigene Wünsche, Gedanken und Vorstellungen in Bezug auf eine schwere Krankheit oder das eigene Sterben niederzulegen. Vieles ist in den Medien darüber berichtet worden.
    Leider ist gegenwärtig eine Diskussion über die Verbindlichkeit der Erklärungen in Gang, die die Situation erschwert. So gibt es unterschiedliche Anforderungen, die an die Wirksamkeit gestellt werden; dies führt dazu, dass man allzu leicht den Überblick verliert.

    Auf der einen Seite gibt es Vordrucke, die die Möglichkeit bieten, bestimmte Dinge einfach nur anzukreuzen; auf der anderen Seite gibt es Gerüchte, dass diese von Ärzten vielfach ignoriert werden. Im Folgenden sollen daher die wesentlichen Wirksamkeitserfordernisse und die einzelnen Möglichkeiten dargestellt werden.

    Vorab ist zu bemerken, dass es gut ist, wenn überhaupt irgendeine Erklärung vorliegt, weil damit den Angehörigen die Überlegung abgenommen wird, was wohl am ehesten dem Willen des Betroffenen entspricht. Wenn jemand schwer erkrankt, sind alle naher Angehörigen und Freunde emotional berührt und es ist dann gut zu wissen, was der Betroffene wünscht.

    Die Vorstellung, einmal hilflos und leidend einer apparativen Lebensverlängerung ausgesetzt zu sein, macht angst. Deshalb ist die Versuchung groß, entweder alles Unangenehme zu verdrängen oder blind ein vorgefertigtes Formular zu unterschreiben. Doch Vorsicht: Zwar gibt es eine unübersehbare Zahl von Formularen; sie werden angeboten von Kirchen, Hospizdiensten, Kommunen, Privatpersonen etc.. Dennoch ist es mit einer Unterschrift leider nicht getan. Die elementaren letzten Dinge zu regeln macht nicht nur Angst, sondern auch Arbeit – erfordern sie dort schmerzhafte Überlegungsprozesse. Dennoch hüten Sie sich vor Vordrucken und werden Sie selbst tätig! Legen Sie dar, wie Sie behandelt werden möchten und wer für Sie entscheiden soll. Sorgen Sie dafür, dass eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema erkennbar ist. Wie so oft, gilt auch hier: Der einfachste Weg ist nicht immer auch empfehlenswert.

    Um sicherzustellen, dass Ihre Erklärung im Ernstfall auch wirklich Anwendung und Berücksichtigung findet, beachten Sie bitte Folgendes. In einer ruhigen Stunde sollten Sie einmal in sich gehen und sich folgende Fragen durch den Kopf gehen lassen:

    • Welche Erfahrungen haben Sie persönlich mit dem Tode nahe stehender Personen gemacht; gibt es Dinge, die Sie für Ihr Ende anders wünschen?
    • Wer kümmert sich um ihre persönlichen Wünsche und Bedürfnisse?
    • Was soll werden, wenn Sie auf Hilfe anderer angewiesen sind?
    • Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem Sie Ihr Leben nicht mehr als lebenswert empfinden würden?
    • Welche medizinischen Maßnahmen werden Sie dann ablehnen?
    • Was macht Ihnen angst?
    • Wie soll verfahren werden, wenn sie dauerhaft bewusstlos sind?
    • Wie stehen Sie persönlich zu Fragen der Organtransplantation, der künstlichen Ernährung und Beatmung, der Intensivmedizin, wenn deren Maßnahmen nur noch Leidensverlängerung bedeuten, Ihnen aber nicht mehr helfen können?
    • Wie wollen Sie ärztlich versorgt werden?
    • Wer soll die notwendigen Hilfen organisieren, wer z.B. ein Pflegeheim aussuchen?
    • Haben Sie besondere Wünsche?
    • Wer soll für Sie in Ihrem Sinne die notwendigen Entscheidungen treffen, wer besitzt Ihr vollstes Vertrauen?

    Weiterhin sollten Sie folgende Wirksamkeitsanforderungen kennen:

    • Zwingend ist bei allen die Schriftform, wobei die Erklärung nicht handschriftlich abgefasst, aber mit Unterschrift und Datum zu versehen ist. Wählen Sie eindeutige Formulierungen und Handlungsanweisungen, so schützen Sie die Person Ihres Vertrauens vor Zweifeln. Außerdem wird es dann leichter, Ihre Wünsche und Vorstellungen umzusetzen.
    • Die Verbindlichkeit wird um so größer als individuelle, intensive und ernsthafte Auseinandersetzung mit Tod und Sterben erkennbar ist
    • Eine notarielle Unterschriftsbeglaubigung ist nicht erforderlich.
    • Nehmen Sie sich Zeit und entscheiden Sie in aller Ruhe mit Sorgfalt. Dies ist keine Entscheidung, die Sie übereilt treffen sollten. Wenn bei Ihnen weitere Fragen auftauchen, sollten Sie sich beraten lassen. In Frage kommen Betreuungsvereine, Ärzte, Rechtsanwälte etc..
    • Tragen Sie einen Hinweis auf die Dokumente möglichst bei sich und verwahren sie sie an einem sicheren Ort, der allerdings leicht zugänglich sein sollte. Viele Menschen bewahren ihre Erklärungen z.B. in ihrem Schreibtisch oder einer Dokumentenmappe auf, wo sich auch andere wichtige Unterlagen befinden. Dies erleichtert dann im Ernstfall das Auffinden. Denkbar ist auch, eine Vertrauensperson zur treuhänderischen Verwahrung zu bestimmen.

    Um Ihnen zu zeigen, was sich hinter den einzelnen Begrifflichkeiten versteckt, werden diesen ihrem Inhalt nach einmal dargestellt. Fast jeder kennt die einzelnen Möglichkeiten vom Namen her – was sich allerdings dahinter verbirgt bleibt vielen unklar.

    Vorsorgevollmacht

    Eine Vorsorgevollmacht ist eine schriftliche Bevollmächtigung. Sie wird für den Fall erteilt, dass der Betroffene aufgrund von Krankheit nicht mehr in der Lage ist, selbstverantwortlich seine rechtlichen und finanziellen Angelegenheiten zu regeln. Mit ihr kann in gesunden Tagen eine Person des Vertrauens zum gesetzlichen Vertreter im Notfall erklärt werden; damit verhindern Sie, dass das Vormundschaftsgericht für Sie entscheiden muss.

    Es ist möglich, eine solche Vollmacht entweder ganz eng abzufassen und damit beispielsweise nur auf den Gesundheitsbereich zu beschränken oder einen sehr umfassenden Inhalt zu wählen.

    In den Fällen, wo sie sich nicht allein auf den Gesundheitsbereich beschränken soll, wo umfangreiche Vermögensangelegenheiten zu regeln oder gesellschaftsrechtliche Fragen zu klären sind, bietet sich eine Beratung durch einen Notar oder Rechtsanwalt an.

    Eine notarielle Beurkundung ist beispielsweise zwingend, wenn die Vollmacht zu Grundstücksverfügungen berechtigen soll, wenn Sie ein Handelsgewerbe betreiben oder Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft sind.

    Betreuungsverfügung

    Wer niemanden hat, dem er vertraut, kann anstelle der Vorsorgevollmacht eine so genannte Betreuungsverfügung aufsetzen.
    Sie regelt die spätere Ausführung einer notwendig werdenden Betreuerbestellung, die vom Vormundschaftsgericht vorgenommen wird. Möglich ist es, eine Person zu benennen, die als Betreuer gewünscht oder auch nicht gewünscht wird.
    Damit können bestimmte Personen ausdrücklich von der Betreuung ausgenommen werden, die das Gericht ansonsten vielleicht zum Betreuer bestimmt hätte. Es wird dann eine Privatperson und kein Berufsbetreuer tätig.

    So können für den Betreuungsfall Wünsche geäußert werden. Zum Beispiel:

    • wer als Betreuer vorgeschlagen oder abgelehnt wird,
    • welche Wünsche diese Person zu respektieren hat,
    • ob eine Versorgung zu Hause oder in einem Pflegeheim stattfinden soll,
    • welche konkrete Einrichtung bevorzugt wird.

    Patientenverfügung

    Für denjenigen, der im Vorfeld selbst entscheiden möchte, was im Notfall mit ihm geschieht, gibt es die so genannte Patientenverfügung (Patiententestament). Sie bietet die Möglichkeit, rechtzeitig von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch zu machen.

    Die Patientenverfügung wurde früher auch Patiententestament genannt und beinhaltet Weisungen für das ob und wie einer medizinischen Behandlung. Daneben können Wünsche, persönliche Wertvorstellungen in Bezug auf Sterben und Krankheit niedergelegt werden.

    Ein ganz wichtiges Thema ist nach wie vor die künstliche Ernährung. Daher ist es unbedingt erforderlich, dazu Stellung zu nehmen, ob im Falle eines Langzeitkomas oder einer schweren Erkrankung langfristig eine Sondenernährung gewünscht wird.

    Wenn Unsicherheiten bestehen, wie die eigne Verfügung aussehen soll oder weitere Fragen bestehen, sollten Sie sich beraten lassen. Zahlreiche Organisationen und Personen (Hospizinitiativen, Rechtsanwälte, Betreuungsvereine etc.) bieten eine solche an.